Wassily Kandinsky
 
 

WASSER  (1913)
 
 
 

Im gelben Sand ging ein kleiner dünner roter Mann. Er rutschte immer aus. Es schien, daß er auf Glatteis geht. Es war aber gelber Sand der grenzenlosen Ebene.

Von Zeit zu Zeit sagte er: „Wasser...Blaues Wasser.“ Und verstand selbst nicht, warum er das sagte.

Ein im grünen faltigen Rock angezogener Reiter ritt auf einem gelben Pferd rasend vorbei.

Der grüne Reiter spannte seinen dicken weißen Bogen, drehte sich im Sattel um und schoß den Pfeil auf den roten Mann. Der Pfeil pfiff wie Weinen und wollte sich ins Herz des roten Mannes hineinzwingen. Der rote Mann nahm ihn im letzten Augenblick mit der Hand und schmiß ihn zur Seite.

Der grüne Reiter lächelte, beugte sich an den Hals des gelben Pferdes und verschwand in der Ferne.

Der rote Mann ist größer geworden und sein Schritt wurde fester. „Blaues Wasser“, sagte er.

Er ging weiter und der Sand bildete Dünen und harte Hügel, die grau waren. Je weiter, desto härtere, grauere, höhere Hügel, bis endlich Felsen anfingen.

Und er mußte zwischen den Felsen sich durchzwingen, da er weder stehenbleiben konnte, noch zurückgehen. Zurück kann man nicht.

Als er an einem sehr hohen, spitzen Felsen vorbei ging, so merkte er, daß der oben hockende weiße Mensch einen dicken grauen Block auf ihn fallenlassen will. Zurück konnte man nicht. Er mußte in den engen Gang. Und er ging. Gerade als er unter dem Felsen war, gab der Mensch da oben mit schnaufender Mühe den letzten Hieb.

Und der Block fiel auf den roten Mann. Er fing ihn mit seiner linken Schulter auf und schmiß ihn hinter seinen Rücken. – Der weiße Mann oben lächelte und nickte freundlich mit dem Kopf. – Der rote Mann wurde noch größer, das heißt noch höher – „Wasser, Wasser“, sagte er. - - Der Gang zwischen den Felsen wurde immer breiter, bis endlich flachere Dünen kamen, die noch flacher wurden und noch flacher, so daß sie überhaupt nicht da waren.

-Sondern nur wieder eine Ebene.